Mit dem Eintreten des Blutes in das Paradigma einer Politik, deren Sorge der Verwaltung des Lebens von Bevölkerungen gilt, wird der Weg frei für vielfältige ästhetische, instrumententechnische, experimentelle, ökonomische und zeichentheoretische Imaginationen des Blutes, deren gemeinsamer Horizont die Perspektivierung des Körpersaftes als Lebenssaft bildet. Joseph Vogl zeigt in seinem Artikel »Kreisläufe«, wie das Kreislaufmodell William Harveys seit dem 17. Jahrhundert auch eine politische Anatomie und eine politische Physiologie zu formieren und zu transformieren beginnt. Nicht nur das Leben und die Gesundheit des individuellen und sozialen Körpers, sondern auch die gute Regierung im Rahmen einer politischen Ökonomie, die auf die stille Arbeit der Naturkörper zugreift und sie verwaltet, sind wesentlich mit ungehinderten Zirkulationen und der Administration von Überschüssen befasst. Der gemeinsame Raum, den die verschiedenen Wissensfelder und Diskurse in ihrer Verstreuung bilden – von der Medizin bis zum Geldverkehr, von der Verwaltung der Territorien und der Bevölkerung bis zur Bewirtschaftung des Bodens, von der Regulation der Geographien bis zum Austausch von Zeichen – wird organisiert durch die ihnen zugrunde liegende Frage der Regierung und das heißt der Steuerung, die auf eine Optimierung »natürlicher« Gegebenheiten zielt. Indem Harveys Modell des Blutkreislaufs die regulative Kraft des Herzens gegenüber einer Bewegung, die aus dem ersten Beweger selbst ein Bewegtes macht, distanziert, enttrohnt er das souveräne Modell des Herzens als princeps zugunsten des Blutes als principium.