Schlüsselqualifikationen und skills gehören zu den Zentralbegriffen im Diskurs der Bologna-Universität. Im Gegensatz zu anderen, eher technischen Termini (wie »workload«, »credit point« [↑ Leistungspunkte/ECTS], »Teilmodul« [↑ Modul] etc.) besitzen sie nicht nur in der Umsetzung, sondern auch in der Legitimation der Reform große Bedeutung. Denn sie betreffen vor allem jene Differenz, die seit der Gründungsphase der Humboldtschen Universität immer umstritten und umkämpft war – die Differenz von Universität und ökonomischer Welt, von Wissenschaft und Beruf.
Der Charme dieser Begriffe für Hochschulplaner, politisch Verantwortliche und Bildungstheoretiker scheint zunächst darin zu bestehen, dass sie in dieser Differenz Übergänge zu schaffen und zwischen inkommensurablen Rationalitäten zu vermitteln versprechen. Wer an der Universität studiert, soll diesem Versprechen zufolge nicht nur Grundlagen und Methoden seines Fachs, sondern mit skills oder Schlüsselqualifikationen auch etwas erlernen und erwerben können, das jenseits dieses Fachs, ja am besten jenseits der Wissenschaft überhaupt von Wert ist – zum Beispiel für eine berufliche Karriere. Personalchefs, so heißt es, achten in Bewerbungen genauestens auf soft skills; für das ↑ lebenslange Lernen der Einzelnen, heißt es, und für die Zukunft einer Hochschulbildung, die für immer schnellere Innovationszyklen von Wirtschaft und Technik qualifizieren soll, sind die »Schlüsselqualifikationen« ebenso wichtig – eben der Schlüssel.
Was aber ist dieses »Etwas«, das »jenseits« der Wissenschaft liegt? Ein »Fachwissen« – über Shakespeares Dramen oder Insolvenzrecht etwa – kann es schlechterdings nicht sein, das wäre viel zu spezifisch. Eine fachpraktische »↑ Kompetenz« kann es aber ebenso wenig sein, das wäre genauso spezifisch. Was also? Angesichts der mit diesem »Etwas« verbundenen Verheißung, eine Brücke zwischen etwas namens Wissenschaft und etwas anderem namens Wirtschaft, Gesellschaft oder Individuum zu schlagen, nimmt es kaum Wunder, dass es einen etwas diffusen Charakter besitzt. Das merkt auch sofort, wer sich zu informieren versucht, was mit diesen Begriffen eigentlich genauer gemeint ist.
Liest man die entsprechenden universitären Verlautbarungen, ist einerseits oft von soft skills »im engeren Sinn« die Rede, wozu beispielsweise »Sozialkompetenz«, »Teamfähigkeit«, »Motivation«, »Kommunikationskompetenz« oder gar die Befähigung zu »leadership« zählen sollen. Andererseits werden unter den Schlüsselqualifikationen auch wissenschaftsnäher klingende Dinge wie »Informationskompetenz«, »Reflexionskompetenz« oder »Medienkompetenz« verstanden. Wieder andererseits aber geht es um »Kompetenzen […], die über die rein fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten hinausgehen und die Studierenden in die Lage versetzen, sich langfristig in der Gesellschaft und auf dem Arbeitsmarkt zu behaupten (Stichwort ↑ Employability).«1 Die Universität Erlangen-Nürnberg, welche dies analog der Definitionen der Kultusministerkonferenz schreibt, rechnet zu »Schlüsselqualifikationen« daher zum Beispiel auch »interkulturelle und Fremdsprachenkompetenz«, »das Verständnis wirtschaftswissenschaftlicher und juristischer Zusammenhänge«, »das Studium generale zum Erwerb eines umfangreichen Orientierungswissens« und sogar »Industriepraktika«.2
Andernorts klingt das anders, etwa am »Zentrum für Weiterbildung« der Goethe-Universität Frankfurt. Dort heißt es unter der Überschrift »Schlüsselqualifikationen (soft skills)«: »Schlüsselqualifikationen, vielfach auch mit Soft Skills gleichgesetzt, sind wichtige allgemeine Fähigkeiten und Fertigkeiten, die über die fachlichen Qualifikationen hinausgehen und persönlichkeitsbildend wirken. Im engeren Sinne zählen darunter soziale Kompetenzen wie Team-, Kontakt-, Kritikfähigkeit und Selbstkompetenzen wie Zeitorganisation, Stressbewältigung, emotionale Intelligenz und vieles mehr. Solche Soft Skills kann man bis zu einem gewissen Grade erwerben.«3
Auch wenn die letztere Aussage vorsichtig optimistisch stimmt, bleibt eine gewisse Ratlosigkeit, was die Definition und Extension der Begriffe anlangt (↑ Bologna-Glossar). Das »Hinausgehen« über »rein fachliche« (und daher offenbar tendenziell defizitäre) Qualifikationen deckt sich zwar, aber sind »Schlüsselqualifikationen« denn nun dasselbe wie »soft skills«? Gehören Fremdsprachenkenntnisse zum einen, zum anderen, zu beidem oder zu keinem? Wie passen »Industriepraktika« (Erlangen) und »Persönlichkeitsbildung« (Frankfurt) zusammen? Ist das »Orientierungswissen« (Erlangen) eines »Studium generale« eine Qualifikation? Aber für was? Und wäre am Ende »emotionale Intelligenz« (Frankfurt) gar in einem universitären Curriculum vermittelbar?
Setzt man etwas Netzkompetenz ein, wird man mit jedem Klick ratloser. Zu den »soft skills« in Mainz gehören »Selbstmarketing«, »Verhandlungsführung« und »Sprechtechnik«; zu den »Schlüsselkompetenzen« in Heidelberg »Führungskompetenz, interkulturelle Kompetenz und Zielverantwortung«. Zu den »Schlüsselqualifikationen« in Würzburg zählen unter anderem »Kundenorientierung und Einfühlungsvermögen«, zu jenen in Konstanz »Projektmanagement«, aber auch »Persönlichkeitsmerkmale wie Selbständigkeit, Kreativität, Verantwortung«. Trotz (oder dank) dieses kategorialen Durcheinanders erblühen allenthalben Stellen, Institute, Zentren oder gar Akademien zur Vermittlung all dieser Kompetenzen; wunderbare Titel werden dafür erfunden, zum Beispiel »Akademie für Universitäre Weiterbildung« (Freiburg) oder »Institut für optionale Studien« (Düsseldorf, Duisburg-Essen). Mindestens aber werden die Kompetenzen zur Kompetenzvermittlung, die in anderen Stellen (wie Bibliotheken, IT-Abteilungen oder Sprachenzentren) bereits vorhanden sind, in »Kompetenzzentren« der Fakultäten »gebündelt«. Nicht zu verwechseln (wenn auch gelegentlich verbunden) sind diese mit den ebenfalls überall erblühenden universitären Weiterbildungszentren, die nicht Studierenden, sondern Promovierenden, MitarbeiterInnen und ProfessorInnen der Universitäten selbst all jene skills und Qualifikationen näherbringen sollen, die in der reinen Wissenschaft anscheinend nur ungenügend erworben werden (aber für künftige Managementaufgaben unabdingbar zu sein scheinen).
Spätestens hier allerdings stellt sich die Frage, auf welcher Grundlage und von wem denn diese vielen Kompetenzen alle »vermittelt« werden sollen – so schön es ja sein mag, sie zu besitzen. Bedenkt man, welche Qualifikationen Universitäten sonst verlangen, bis jemand in ihnen lehren darf, und bedenkt man den enormen Aufwand an Kommissionen und Gutachten, bis auch nur eine einzige Professur neu eingerichtet und besetzt ist, reibt man sich über diese neue Blüte von Instituten und Zentren etwas verwundert die Augen. Allein die oben genannten »Schlüsselqualifikationen« berühren, wenn man die Qualifikationen derer in Betracht zieht, die sie lehren sollen, Wissensbestände der Psychologie, Pädagogik, Betriebswirtschaft, Informatik, Ethik, Medien- und Kommunikationswissenschaft, Linguistik, Rhetorik und Soziologie. Welches Universalgenie könnte von sich behaupten, für all das kompetent zu sein? Und selbst wenn man die Aufgaben verteilt: Wer hätte die ↑ Kompetenz, auch nur über die Kompetenz all jener zu urteilen, die diese Kompetenzen vermitteln sollen?
Vergleicht man die Programme, Leitbilder und Angebote dieser Zentren, wird rasch klar, dass es nicht den mindesten Konsens gibt, auf welcher theoretischen Basis skills und Schlüsselqualifikationen verstanden und auf welcher didaktischen sie gelehrt werden sollen. So ist, um das Offensichtlichste zu nennen, noch nicht einmal ausgemacht, ob »Kompetenz« und »Qualifikation« nun dasselbe meinen, wie man aus der synonymen Verwendung schließen könnte, oder ob sie (wie zum Beispiel die Universität Freiburg betont) sehr deutlich zu trennen sind. Auch die Abgrenzung zu »Basiswissen« (zum Beispiel juristischer Art), Allgemeinbildung (zum Beispiel Studium generale, »kulturelle Kompetenz«), zur Kenntnis von Computerprogrammen oder Fremdsprachen scheint schwerzufallen bis unmöglich zu sein. Manchmal integriert, manchmal aber noch nicht einmal erwähnt wird der Umstand, dass ja auch im »Fachstudium« zumindest irgendwelche Kompetenzen erworben werden, die nicht ausschließlich dort von Nutzen sein können. Und ebenso zahl- wie ergebnislos scheinen schließlich die Bemühungen, durch »Modelle« (Heidelberger, Freiburger Modell usw.) mit Kreisen, Sphären, Ebenen und Aufteilung in viele weitere Komposita (Selbst- vs. Medien- vs. Sprachkompetenz; Methoden- vs. Sozial- vs. Selbstkompetenz [Hannover], Fach- vs. Methoden- vs. Sozial- vs. Individualkompetenz [Freiburg]) wenigstens irgendeine Ordnung in das diffuse Feld zu bringen. Sobald man eine Universität verlässt und an eine andere kommt, scheint sich das Verständnis der hier in Rede stehenden Begriffe weitaus drastischer zu unterscheiden, als es die Studienordnungen von Einzeldisziplinen zwischen Hamburg und München je taten.
Was bedeutet das nun – und wie ist es zu verstehen? Man könnte zweifellos weiterklickend weitere Beispiele der Unklarheit oder weitere Stilblüten der Kompetenz- und Qualifikationsrhetorik sammeln; nur nützt dies ebenso wenig wie ein Rückzug in die hehre Fachwissenschaft. Denn tatsächlich ist der Übergang vom Studium in den Beruf notorisch schwierig und ist die operative Fiktion von Fachwissenschaftlern problematisch, sie würden nur mit künftigen Fachwissenschaftlern kommunizieren. Wäre es daher nicht besser, pragmatisch die Chancen der Absolventen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern, als sich angesichts der Fragwürdigkeit einzelner Angebote indigniert abzuwenden oder lediglich zu spotten?
Vielleicht wäre es das – wenn nicht Universitäten, bei allem, was sie vielleicht sonst noch sind, primär Institutionen der Wissenschaft sein sollten. Und daher wäre wohl zuerst zu fragen, warum auf einmal flächendeckend an Universitäten Einrichtungen geschaffen werden, deren Leitbegriffe sich zwar gelegentlich in philosophische Höhen schrauben, deren Angebote sich aber teilweise kaum von Qualifikationsmaßnahmen der Arbeitsagentur unterscheiden. Ein Grund ist klar: Zu den Hauptzielen der Bologna-Reform zählte die Verbesserung der »Employability« von Universitäts-Absolventen, und über die entsprechenden Empfehlungen des Wissenschaftsrats, Entscheidungen der Kultusministerkonferenz und vor allem die Leitlinien der Akkreditierung, welche die Vermittlung solcher skills und Schlüsselqualifikationen in den Curricula vorsah, wurden sie durch die Agenturen den Universitäten zur Pflichtaufgabe gemacht.
Ob sie deshalb gleich in dieser Form hätten umgesetzt werden müssen, mag dahingestellt sein. Zumindest aber erklärt dieser äußere Druck, warum hier ein Durcheinander herrscht, wie es eine die Rationalität im Banner führende Anstalt wie die Universität ansonsten wohl nicht einmal im Hochschulsport zulassen würde. Denn eben weil in keiner Weise als geklärt gelten darf, was hier überhaupt Gegenstände und Methoden sind (also das, was normalerweise als Mindestdefinition einer wissenschaftlichen Disziplin gilt), definiert sie jede Universität oder jede Fakultät nach eigenem Bedarf oder eigener Möglichkeit.
Entsprechend reicht das Angebot auch von reinem Pragmatismus (»Präsentationstechniken I«) bis zur Entwicklung von sozialtheoretisch oder psychologisch anspruchsvollen Modellen, die das jeweilige Angebot strukturieren und legitimieren sollen. In diesem Beharren auf Reflexivität auch in der Vermittlung von »Kompetenzen« kommt es sogar zu geradezu subversiven Umcodierungen der politischen Zielsetzung. Zum Beispiel schreibt die schon zitierte Universität Frankfurt: »Im Zuge der Umstellung der Studiengänge gemäß den Bologna-Kriterien wird von den Hochschulen gefordert, die sogenannte Berufsbefähigung (employability) zu einem vornehmlichen Qualifikationsziel zu machen. Im Gegensatz zu einem Verständnis, das die an der Hochschule zu vermittelnden Kompetenzen nur unter dem beruflichen und wirtschaftlichen Verwertungsinteresse (↑ Bologna-Prozess) sieht, sollen die Schlüsselqualifikationen, die Inhalt und Ziel unseres Programms darstellen, ein Stück zur Bildung der Persönlichkeit im ursprünglichen Sinn (nach Pestalozzi und Humboldt) beitragen.«4
Es mag an der bekannten kritischen Tradition der Frankfurter Universität liegen, dass hier die Persönlichkeitsbildung gegen »Verwertungsinteressen« ausgespielt wird, so wie denn auch »Kritikfähigkeit« dort noch als Kompetenz gilt (aber übrigens fast nur noch dort) (↑ Bildung, kritische). Aber lassen sich die Ziele von Humboldt’scher »Bildung« wirklich retten, indem man sie in ideologiekritischer Subversion des Ziels der »employability« unter der Maske von »Schlüsselqualifikationen« ins Curriculum schmuggelt?
Im Unterschied zum Begriff der »Bildung« haben skills und Schlüsselqualifikationen offenbar eine rhetorisch wie politisch grundsätzlich andere Qualität. Während »Bildung« zwar noch immer ein positiv gewerteter, nur auch ein sehr wolkiger Begriff ist, steht es um Termini wie »Informationskompetenz«, »Zeitmanagement« oder »Schlüsselqualifikation« ganz anders. Ihr gemeinsamer Nenner – auch in linguistischer Hinsicht – ist ihre technisch-praktische Anmutung; sie sind, wie die Sektoren des Wissens oder der Praxis, auf die sie in Komposita bezogen sind (»Medienkompetenz«), bestens segmentierbar, modularisierbar und zertifizierbar. Gemeinsam ist dem Jargon der skills auch der eklatante Funktionalismus; als Bildungsziele sind sie eben nicht an Persönlichkeiten, noch nicht einmal an Wissensbereichen oder an konkreten Tätigkeitsfeldern, sondern allein an hypothetischen Funktionen und Brauchbarkeiten der Subjekte orientiert. Und auffällig ist schließlich eine gewisse »Potentialität«: Die Begriffe leisten eine Entkopplung der vermittelten »Qualifikation« vom selbstbezüglichen, trägen »Bildungswesen« und scheinen »Kompetenzen« folglich nicht an (vergangene, vergängliche) Wissensbestände zu knüpfen, sondern an (künftige, ungeahnte) Herausforderungen.
Das Versprechen, das sie enthalten, ist daher ein im Wortsinn futuristisches. Über sie erfolgt eine rhetorische Umcodierung von starren »Bildungsanstalten« in flexible Kompetenzvermittlungs-Institute, die der analogen Umbenennung und Umstrukturierung von Ämtern und Behörden in »Agenturen« und »Kundencenter« zum Verwechseln ähnlich sieht. Aus Anstalten werden unternehmensanaloge »Dienstleister«; sie selbst werden ↑ evaluiert, restrukturiert und bis hin zum »Corporate Design« modernisiert; und ihre Produkte – im Fall der Universitäten: Forschungsbeiträge und Absolventen – werden nach Maßgabe ihrer Absetzbarkeit, also der Nachfrage bewertet und ihre Produktion entsprechend »optimiert«.
Eigentlich wäre die Untersuchung dieser Entwicklung eine genuine Aufgabe für Universitäten – und zwar gerade in den oben genannten Disziplinen der Sozial- und Geisteswissenschaften. Zu fragen wäre zum Beispiel, ob die Tatsache, dass skills, Qualifikationen und Kompetenzen zu neuen Leitbegriffen im Hochschuldiskurs geworden sind, nicht als Symptom eines grundsätzlichen Wandels zu verstehen ist, den Gilles Deleuze an der Krise der »Anstalten«, Behörden, Institute und als Durchsetzung der »Kontrollgesellschaft« zu fassen versucht hat: Die »permanente Weiterbildung«, so Deleuze, löse tendenziell »die Schule ab, und die permanente Kontrolle das Examen.«5 Während Letzteres exakt die Struktur der Bachelor-Bewertungen beschreiben könnte, wäre Ersteres der Triumph der Kompetenzzentren: Man kann nämlich nie genug in Kompetenzzentren gehen, und man darf auch nie damit aufhören.
Denn so zukunftsgerichtet und optimistisch die Kompetenz- und Qualifikationsrhetorik auch klingt, so eigentümlich kann man ihre Schattenseite empfinden: Sie entspricht einem Diskurs, der dauernde Selbstoptimierung verlangt und immer ein »Jenseits« der schon erreichten Qualifikation als nötig, ja überlebensnotwendig erklärt (↑ Lernen, lebenslanges). Es wäre lohnend, den kulturellen, ökonomischen und politischen Wandel zu analysieren, der diesen permanenten Mangel zum Antrieb und zur Kontrolle der Individuen gebraucht. Bislang jedoch ist die Bologna-Universität fast ausschließlich damit beschäftigt, diesen Wandel selbst und an sich selbst zu exekutieren.
1 Vgl. www.uni-erlangen.de/einrichtungen/QM-Recht/studienprogrammentwicklung/arbeitshilfen/schluesselqualifikationen/Schluesselqualifikationen.pdf (aufgerufen: 20.4.2012). Die Auswahl ist übrigens willkürlich – Analoges findet sich an nahezu jeder deutschsprachigen Universität.
2 Ebd.
3 Vgl. www.softskills.uni-frankfurt.de/ (aufgerufen: 20.4.2012).
4 www.softskills.uni-frankfurt.de/ (aufgerufen: 20.4.2012).
5 Vgl. Gilles Deleuze: »Postskriptum über Kontrollgesellschaften«, in: Unbedingte Universitäten (Hgg.): Was ist Universität? Texte und Positionen zu einer Idee, Zürich, Berlin 2010, S. 11–16, hier S. 13.
studierte Germanistik in Erlangen, Pisa und München und ist seit 2001 promoviert. Derzeit ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für deutsche Philologie der Ludwig-Maximilians-Universität München und Koordinator der DFG-Forschergruppe »Anfänge (in) der
Moderne«. Seine Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte sind: Literatur seit dem 18. Jahrhundert, besonders Kleist, Büchner, Kafka und Gegenwartsliteratur; Gender- und Medientheorie, Dramen und Theatertheorie, Literatur und Sport, Alpinismus.
»ECTS-Punkte«, »employability«, »Vorlesung« – diese und viele weitere Begriffe sind durch die Bologna-Reformen in Umlauf geraten oder neu bestimmt worden und haben dabei für Unruhe gesorgt. Die Universität ist dadurch nicht abgeschafft, aber dem Sprechen in ihr werden immer engere Grenzen gesetzt. Anfangs fremd und beunruhigend, fügen sich die Begrifflichkeiten inzwischen nicht nur in den alltäglichen Verwaltungsjargon, sondern auch in den universitären Diskurs überhaupt unproblematisch ein.
Das Bologna-Bestiarium versteht sich als ein sprechpolitischer Einschnitt, durch den diese Begriffe in die Krise gebracht und damit in ihrer Radikalität sichtbar gemacht werden sollen. In der Auseinandersetzung mit den scheinbar gezähmten Wortbestien setzen Student_innen, Dozent_innen, Professor_innen und Künstler_innen deren Wildheit wieder frei. Die Definitionsmacht wird an die Sprecher_innen in der Universität zurückgegeben und Wissenschaft als widerständig begriffen.