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Timothy J. Attanucci: Der Junggeselle zwischen Familie und Amt
Der Junggeselle zwischen Familie und Amt
(S. 149 – 160)

Kafka liest Stifter

Timothy J. Attanucci

Der Junggeselle zwischen Familie und Amt
Kafka liest Stifter

PDF, 12 Seiten

Die literarische Tradition der Junggesellen-Figur mit ihrem Bezug auf die doppelte (komplementäre) Problematik der organischen Reproduktion des menschlichen Lebens (in der Familie) und die Reproduktion der Schrift (im Büro) steht im Zentrum des Aufsatzes von Timothy Attanucci. Dabei wird insbesondere augenfällig, dass Kafkas Texte (hier: Blumfeld, ein älterer Junggeselle) genau deshalb in höchst spezifischer Weise auf andere Autoren (Stifter, Flaubert) zu ›antworten‹ vermögen, weil anders als für jene ›Büro‹ und ›Schreibtisch‹ für Kafka nicht allein Elemente in einem durch die literarische Tradition des 19. Jahrhunderts etablierten figuralen Diagramm sind, sondern zugleich Schaltstellen zu außerliterarischen Diskursen und Schreibtechniken bezeichnen.

  • Franz Kafka
  • Diskursgeschichte
  • Moderne
  • Nietzsche
  • Literaturwissenschaft

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Deutsch

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Timothy J. Attanucci

studierte Vergleichende Literaturwissenschaft an den Universitäten Harvard, Tübingen und Paris IV - Sorbonne. Seit 2005 ist er Doktorand für Neuere Deutsche Literatur an der Universität Princeton.

Friedrich Balke (Hg.), Joseph Vogl (Hg.), ...: Für Alle und Keinen

Es gibt kaum zwei andere Autoren der deutschsprachigen Moderne, bei denen das Verhältnis von Sprache und Leben so intensiv verhandelt wird wie bei Friedrich Nietzsche und Franz Kafka. Für Nietzsche, den »gefährlichen Denker« und das »Dynamit« der christlich-abendländischen Werteordnung, wie für Kafka, den »Dichter der Angst« und Experten für Arbeiter-Unfallversicherung, bilden die biopolitischen Dispositive des heraufkommenden Wohlfahrtsstaates und die Verschiebungen, die der Historismus für die Ökonomie des Wissens und die Massenpresse für die Ökonomie der Rede bedeuten, eng aufeinander bezogene Faktoren des Problemgefüges, das ihre Schreibprojekte hervortreibt. Für beide stellt der Doppelcharakter sprachlicher Überlieferung – als Sicherung des kollektiven Lebens und als Unterwerfung des individuellen – eine zentrale schriftstellerische Herausforderung dar, und beide begreifen die daraus resultierende Riskanz einer radikalen Umschrift der durch Lektüre angeeigneten Tradition als ethisches Problem.

Der Band zielt darauf ab, die beiden Antworten auf jene Herausforderung vor ihrem jeweiligen biographischen und zeitgeschichtlichen Hintergrund gegeneinander zu kontrastieren und sie zugleich als – bis heute gültige – paradigmatische »Haltungen« im diskursiven Feld der Moderne sichtbar werden zu lassen. Indem der Band den »dialogischen« Bezug Kafkas auf Nietzsche auf der Folie diskursiver und medialer Ereignisse und Konstellationen der Zeit motiviert und spezifiziert, lässt er ihn zugleich als vielstimmigen »Polylog« oder sogar unlesbaren »Babellog« quer durch die Kultur und die Wissensfelder des anbrechenden »kurzen 20. Jahrhunderts« (1914–1989) erscheinen.