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Yvonne Wübben: Ein moderner Roman?
Ein moderner Roman?
(S. 59 – 85)

Yvonne Wübben

Ein moderner Roman?
Erzählstrategien in Psychiatrie-Lehrbüchern des 19. Jahrhunderts

PDF, 27 Seiten

Der Aufsatz analysiert das Erzählen im deutschsprachigen Psychiatrielehrbuch des 19. Jahrhunderts. Er stellt zunächst verschiedene Ansätze der Erzählforschung vor, die dem wissenschaftlichen Genre mit seinen narrativen Besonderheiten Rechnung tragen, und fragt, wie die Stimme des Psychiaters im Lehrbuch in Abgrenzung zur Stimme des Irrsinns Konturen gewinnt. Im Anschluss untersucht er zwei unterschiedliche Bücher auf ihre narrativen Darstellungstechniken: das wissenschaftliche Standardwerk Wilhelm Griesingers und das universitäre Lehrbuch Emil Kraepelins. Dabei zeigt sich, dass sich im Lehrbuch mit der Einführung der Fotografie in den 1890 Jahren oftmals auch die narrativen Darstellungstechniken verändern. Kraepelins Buch stellt etwa vom Erzählen auf das Zeigen um und lässt den Psychiater zunehmend hinter die Objekte der Psychiatrie zurücktreten.

  • Wissensgeschichte
  • Narrativ
  • Zirkulation
  • Wissen
  • Erzählen
  • Epistemologie
  • Wissensbildung

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Deutsch

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Yvonne Wübben

ist Professorin für Neuere Deutsche Literatur an der FU Berlin und seit 2010 Juniorprofessorin an der Ruhr-Universität Bochum. Sie habilitierte sich 2011 an der FU Berlin. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen die Literatur des 18. bis 20. Jahrhunderts, Literatur und Wissen, Ästhetik, Psychiatriegeschichte, Lesen und Schreiben in der Medizin sowie epistemische Genres.

David Gugerli (Hg.), Michael Hagner (Hg.), ...: Nach Feierabend 2014

Wissen ist nicht nur ein Produkt von Repräsentation und Symbolisierung, sondern auch von erzählerischen Formen. Das gilt zumindest in den Kultur- und Geisteswissenschaften angesichts der beinahe ubiquitären Rede von ›Narrativen‹ als selbstverständlich, was jedoch bislang kaum dazu führte, die spezifischen epistemologischen Funktionen des Erzählens für das Wissen zu erhellen. Der Band stellt die Bedeutung des Erzählens für die Konstitution und die Zirkulation von Wissen zur Diskussion und schließt damit an die Entdeckung der Bedeutung des Erzählens in einzelnen Wissenschaften an, aber auch an eine allgemeine Theorie des Erzählens, die über eine engere literaturwissenschaftliche Funktionsbestimmung hinausgeht. Das Erzählen wird dabei als weitreichende Funktion von Wissensbildung und Wissensverbreitung verstanden. Komplementär dazu wird auch das literarische Erzählen selber auf seine epistemologische Funktion hin unter der Annahme untersucht, dass literarische Texte an der Konstitution und Zirkulation von Wissen teilhaben.