»Fantastisch und philosophisch ... In insgesamt 13 Texten entstehen Perec-Universen en miniature: Selbsterforschungen, die auch den sprachphilosophischen Essay ›Über einige Anwendungen des Verbs wohnen‹ einschließen. Auf nur drei Seiten macht er die Kontextabhängigkeit jeder Äußerung mit schwindelerregendem Witz deutlich.« Gregor Dotzauer, Der Tagesspiegel
war einer der wichtigsten Vertreter der französischen Nachkriegsliteratur und Filmemacher. Als Sohn polnischer Juden musste Perec als Kind die deutsche Besetzung Frankreichs miterleben. Sein Vater fiel 1940 als Freiwilliger in der französischen Armee, seine Mutter wurde 1943 nach Auschwitz verschleppt. Kurz vor ihrer Verhaftung konnte sie ihren Sohn mit einem Zug des Roten Kreuzes aufs Land schicken und ihm so das Leben retten. 1967 trat Perec der literarischen Bewegung Oulipo bei, die Raymond Queneau ins Leben gerufen hatte. Das Kürzel Oulipo steht für »L' Ouvroir de Littérature Potentielle«, d.h. »Werkstatt für Potentielle Literatur«. Die Schriftsteller von Oulipo, die aus dem »Collège de Pataphysique«, surrealistischen Gruppierungen oder dem Kollektiv »Nicolas Bourbaki« stammten, erlegten ihren Werken bestimmte literarische oder mathematische Zwänge auf, etwa den Verzicht auf bestimmte Buchstaben. Perecs Werk »Anton Voyls Fortgang« kommt so ganz und gar ohne den Buchstaben E aus. In den 70er Jahren begann Perec ebenfalls mit Erfolg Filme zu drehen. Kurz vor seinem 46. Geburtstag starb Georges Perec an Lungenkrebs.
»Lesen heißt ja nicht nur, einen Text zu lesen, Zeichen zu entziffern, die Zeilen zu vermessen, die Seiten zu erforschen, einen Sinn zu durchschreiten; es ist nicht nur die abstrakte Kommunion zwischen Autor und Leser, die mystische Hochzeit der Idee mit dem Ohr, es ist gleichzeitig auch das Geräusch der Metro oder das Schaukeln eines Eisenbahnwagens oder die Hitze der Sonne an einem Strand und die Schreie der Kinder, die etwas abseits spielen oder die Empfindung des warmen Wassers in der Badewanne oder das Warten auf den Schlaf…«