Wer träumt dass Wahrheit Lüge ist?
Eine wahre Geschichte von der Erde und den Göttern
Übersetzt von Astrid Sommer
Aus: Endland, S. 21 – 31
Als dem Gott Apollo 12 und der Göttin Helena Söhne geboren wurden, war das das Thema im Himmel und am Namenstag der Zwillinge (Haferbrei und Spachtel) gab es eine Party, die die meisten nicht so leicht vergessen und an die manche sich nicht so leicht erinnern werden. Wein floss aus den Kanistern als gäbe es nie ein Ende und alle lachten laut und trugen diese mit phosphoreszierender gelber Flüssigkeit gefüllten Halsketten, was die Menschen zur Bonfire-Night verkaufen.
Gegen Ende des Tages, als die Kindlein schliefen und alle älteren Götter von der »Medizin« dösig waren, kämpften und tanzten die jüngeren Götter wie Herpes und Vesuv. Die junge Göttin Anastasia und einige andere hatten ihre phosphoreszierenden Ketten geöffnet und schnippten die Flüssigkeit wie einen leuchtend gelben Regen durch den Himmel auf die Erde. Überall auf der Welt schauten die Leute nach oben und schauten sich um – sie wussten, dass sich im Himmel irgendwas Tolles abspielen musste.
Nun, auf der Erde lebte zu dieser Zeit ein sehr hübsches Mädchen namens Naomi, und als Haferbrei und Spachtel älter wurden, verliebten sich beide in sie und machten daraus keinen Hehl – sie kamen auf die Erde und sagten es ihr, schickten Blumen und feinste Pralinen usw. Haferbrei und Spachtel waren in jeder Hinsicht unzertrennlich und Freunde – sie liebten es, zusammen geklaute Autos zu Schrott zu fahren, Kampfdrachen steigen zu lassen oder zu Beerdigungen zu gehen. Doch wie die Zeit so dahintröpfelte, wurde ihre Rivalität um die Liebe zu Naomi immer größer und sie verkrachten sich. Der eine nannte den anderen eine total verlogene blöde Sau und der andere schwor, nie mehr mit diesem Vollidioten zu reden.
Natürlich versuchten andere Götter – Scalectrix, Arschficker und Stricher – ein ernstes Wort mit den Zwillingen zu reden, sagten, es sei nicht göttlich, sich wegen einer Frau zu streiten und die Verhältnismäßigkeit müsse gewahrt bleiben – es nützte alles nichts. Erst als Haferbrei und Spachtel sich eine große Schlägerei in Yates’ Wine Lodge lieferten, bei der ein Schaden von mehr als 100 £ entstand, intervenierte ihre Mutter Helena.
Die Zwillinge stimmten ihrem Vorschlag zu, einen Wettkampf zu veranstalten. Der Gewinner würde um Naomi werben dürfen, während der Verlierer sich umgehend zu verpissen und sich fortan verdammt nochmal rauszuhalten hätte. Soweit einigte sie sich mit den Jungs darüber, überließ es aber ihnen, die »genaue Beschaffenheit«© des Wettkampfs unter sich auszumachen. Mit diesem Detail gingen die Probleme erst richtig los.
In Endland (sic!) gab...
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arbeitet als Theaterautor und Performer, Regisseur und Schriftsteller. Einem breiten Publikum ist er vor allem durch seine Arbeit mit der Performance-Gruppe »Forced Entertainment« bekannt, die er 1984 gründete: eines der einflussreichsten Theaterprojekte der letzten Jahrzehnte. Daneben erschloss sich Etchells andere künstlerische Ausdrucksformen als Schriftsteller (»Endland Stories« erschien erstmals 1999, im Jahr 2001 folgte »Dictionary for the Modern Dreamer«) und Performance-Künstler. Tim Etchells lebt im nordenglischen Sheffield und in New York.