Die unbegriffenen Widersprüche der Gesellschaft scheinen notwendig die Figur des Juden hervorzubringen, auf den sich die Widersprüche so zurückführen lassen, als hätte er selbst sie verursacht. Über Jahrhunderte zeichnete dieser Komplex »den Juden« aus. Das Bild des Juden als politischem Vampir, der das Land aussaugt, prägt das 18. Jahrhundert – korrespondierend zur neuen Staatsallegorie des Körpers sowie zur Analogie von Blutkreislauf und Ökonomie. Als »Nosferatu des Vorkapitalismus« wird »Jud Süß« zum Übertragungsobjekt für die Ängste gegen die Modernisierung. Das »Ahasverische« und »Wesenlose« macht ihn in der Moderne zum gefährlichen Zauberer, der die Verwandtschaft aller Dinge initiiert und kontrolliert. Die medienwissenschaftlich orientierte Studie beginnt mit der Historie des »Jud Süß«, einer der bekanntesten Figuren der europäischen Kulturgeschichte. Von der Hetzkampagne gegen den erfolgreichen Hofjuden und Finanzexperten Josef Süß Oppenheimer über die literarischen Werke Hauffs und Feuchtwangers bis hin zu Veit Harlans Film analysiert die Autorin fundamentale kulturelle Strukturen, die die westliche Welt zur symbolischen Administration des »Jüdischen« bereithält.