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Literatur

Mike Wilson

Rockabilly

Rockabilly fing an zu graben, spät in einer Frühlingsnacht, mit einer rostigen Schaufel, im Hintergarten seines Hauses. Alles hatte einige Stunden vorher begonnen, es dämmerte, die Fenster in der Nachbarschaft erhellten sich nach und nach und das Rot am Horizont zerfloss. In einigen Häusern flackerten Fernseher, in anderen versammelten sich die Familien um den Abendtisch. Rockabilly hatte weder Familie noch Fernseher, er kniete im Wohnzimmer im Schein einer schwachen Glühbirne auf einem Haufen alter Zeitungen, seine ölverschmierten Finger nahmen ein...
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Aktuelle Texte

Diane Williams

How about some string?

I said “Would you like a rope? You know that haul you have is not secured properly.”
“No,” he said, “but I see you have string!”
“If this comes into motion—” I said, “you should use a rope.”
“Any poison ivy on that? ” he asked me, and I told him my rope had been in the barn peacefully for years.
He took a length of it to the bedside table. He had no concept for what wood could endure.
“Table must have broken when I lashed it onto the truck,” he said.
And, when he was moving the sewing machine, he let the cast iron wheels—bang, bang on the stair.
I had settled down to pack up the flamingo cookie jar, the cutlery, and the cookware, but stopped briefly, for how many times do you catch sudden sight of something heartfelt?
I saw our milk cows in their slow...

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Johannes Binotto

Der Zähmung widersprechen

Von der Zähmung zu sprechen und ihr zu widersprechen muss damit anfangen, das Wort selbst zum Reden zu bringen. »Zahm« – der rätselhafte Ausdruck geht auf dieselben sprachgeschichtlichen Wurzeln zurück wie die Wörter »Damm« und »Zimmer«. Das Zähmen, so macht die Etymologie damit bereits klar, ist ein Akt der Eindämmung, des Abscheidens und der Einpassung. Was einmal gezähmt wurde, hat seither einen klar begrenzten Ort, seine eigene Kammer, in die es fortan nicht einmal mehr eingesperrt werden muss, weil es das Zimmer in Form seiner Zähmung dauernd mit sich herumträgt. Der zahme Bär an der Leine des Schaustellers, wie man ihn noch Anfang des 20. Jahrhunderts auf den Jahrmärkten vorführte, schien zwar auf dem offenen Dorfplatz zu stehen, steckte dabei aber doch eigentlich im grausamen Käfig seines Dompteurs, den dieser ebenso eng wie unsichtbar um ihn gezimmert hatte.

Noch suggestiver ist da das Französische, wo man das zahme Tier »animal privé«...

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Liebe in Pixelruinen
Liebe in Pixelruinen

I.V. Nuss

Die Realität kommt

Als die Programmierer verschwanden, blieben die untergehenden Sonnen aller Inseln am Horizont hängen. Das Interface lag weit verteilt in der Landschaft, durch Schlehdornsträucher glitchten ab und an Daten längst vergangener Userx, Messages und Posts von wirren Sexts voller Typos über rassistische Shitposts und in Gewässern gelöstem Discourse bis hin zu irrelevanten, vergessenen Cartoonserien, Amateurporn zarter Otter und flauschiger Dykes; alles in steter Mutation, kleine Wesen aus Daten, lebendige Polygone, neue Tiere. Einzelne Artefakte zeugten noch von der einstigen Anwesenheit der...
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