Wann entsteht die Vorstellung einer eigenständigen (nord-)amerikanischen Malerei und wie kann eine solche aussehen? Der in Boston geborene Maler John Singleton Copley fertigt 1765 ein Gemälde für die Ausstellung der Society of Artists of Great Britain in London, ohne bis dahin den amerikanischen Kontinent jemals verlassen zu haben. Das Bild lässt er aufwendig verschiffen – und initiiert so eine transatlantische Sendung, die reich an Implikationen ist.
Dieses Buch argumentiert, dass in der Mikrohistorie dieses Ausstellungsbeitrags ein Moment lokalisierbar ist, bei dem erstmals eine amerikanische Malereitradition behauptet und bildimmanent verhandelt wird. Zudem geht es um die Rekonstruktion historischer Leseweisen von Kunst an einem Ort, der weder über ausreichend Anschauungsmaterial noch über eine anderweitig an europäischen Maßstäben geschulte Ausbildung verfügt. Léa Kuhn vermag zu zeigen, wie aus einer lokal geprägten Lektüre kanonischer Kunsttheorie eine fiktive ›Kunst-Geschichte‹ erwächst.