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Elisabeth von Samsonow: Electra animist oder Ambient Love
Electra animist oder Ambient Love
(S. 145 – 151)

Elisabeth von Samsonow

Electra animist oder Ambient Love

PDF, 7 Seiten

In ihrem Essay geht es Elisabeth von Samsonow darum, die Systembedingungen etablierter Diskurse so zu verschieben, dass eine Rekonstruktion des Animismus als bereits vollendete Tatsache möglich wird. Ausgehend von der Psychoanalyse entwickelt sie ein Konzept der Mutter, das sie als eine transpersonale »Mutterheit« fasst. Das, was in dieser »Mutterheit« produziert, ist die »animal-machine«. Sie unterläuft in ihrem Umfassen von Organischem und Technischem die Unterscheidung Leben/Nichtleben und wird als »erste Technik« und »Kunst des Lebens« konstruiert. Als lebendiger Automatismus und universelle Produzentin ist die »animalmachine« der Unterscheidung von Natur und Kultur vorgängig, zugleich aber ist sie nicht einfach verfügbar, sondern vielmehr einer »ödipalen Verriegelung« unterworfen. Wie Gilles Deleuze und Félix Guattari sieht Samsonow die Funktion des Ödipus-Komplexes darin, den Zugang zum Ort der »animal-machine« zu verriegeln, garantiert durch das Inzest-Verbot. Die symbolische Ordnung des ödipalen Narrativs und sein Korrelat, das Inzestverbot, wurden über Lévi-Strauss und Lacan für den Übergang von Natur zu Kultur konstitutiv und funktionieren so im Horizont einer Selbstbegründung der Moderne. Dagegen bringt Samsonow eine Wiederholung der Geste des Anti-Ödipus unter anderen Vorzeichen ins Spiel. Ermöglicht wird das Aufheben der ödipalen Verriegelung für Samsonow nur durch einen Charakter, der vor der Inzestbedrohung nicht erst gerettet werden muss. Im Mädchen – Elektra – sieht sie die verlorene symbolische Position, die es wiederzugewinnen gilt, denn in Bezug auf die Mutter steht das Mädchen nicht für die Überwindung, sondern die Nicht-Einführung des Inzestverbots.

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Elisabeth von Samsonow

Elisabeth von Samsonow

ist Bildhauerin und Ordentliche Universitätsprofessorin für Philosophische und historische Anthropologie der Kunst an der Akademie der bildenden Künste Wien. Sie lebt und arbeitet in Wien und Hadres (Weinviertel, Niederösterreich). Ihre Forschungsschwerpunkte sind Philosophie und Religionsgeschichte, Theorie des kollektiven Bewusstseins, Geschichte und Gegenwart der Beziehung zwischen Kunst und Religion, Theorie und Geschichte der Wahrnehmung der Frau sowie weibliche Identität und die Aufhebung des Ichs in der Moderne.

Weitere Texte von Elisabeth von Samsonow bei DIAPHANES
Irene Albers (Hg.), Anselm Franke (Hg.): Animismus (alte Auflage)

Der »Animismus« ist eine Erfindung der Ethnologie des 19. Jahrhunderts, geprägt auf dem Höhepunkt des europäischen Kolonialismus. Animisten bevölkern die unbelebte Natur mit Seelen und Geistern. Das erklärt man als eine die materielle Realität verkennende »Projektion«, durch die den Dingen und der Natur Leben und Handlungsmacht zugeschrieben wird. Animismus wird so zum Gegenbild moderner Wissenschaft, zum Ausdruck eines »Naturzustands«, in dem Psyche und Natur als ungeschieden gelten. Wenn sich letzthin ein neues Interesse am Animismus herausgebildet hat, liegt das nicht daran, dass der Begriff als wissenschaftliche Kategorie rehabilitiert wurde. Vielmehr ist die kategorische Trennung von subjektiver und objektiver Welt selbst in Bewegung geraten. Der Band versammelt zentrale Texte dieser Debatte, die hier erstmals einer deutschsprachigen Leserschaft zugänglich gemacht werden.